Pressemitteilung
03/2003

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Bamberg, 18. Januar 2003

VCD Bayern fordert Bahnausbau zwischen Bayern, Thüringen und Sachsen

Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt keine Lösung

Ausbau und Beschleunigung der bestehenden Strecken als attraktive und finanzierbare Alternative gefordert

Bamberg. – Der Verkehrsclub Deutschland (VCD), Landesverband Bayern hat bei seiner Landesmitgliederversammlung in Bamberg einstimmig eine Resolution zum Bahnausbau zwischen Bayern und den nördlichen Nachbarländern verabschiedet.

Der VCD Bayern fordert Bundes- und Landesregierung auf, die bestehenden Bahnverbindungen zwischen Nordbayern und den benachbarten Ländern Thüringen und Sachsen dringend auszubauen und in ihrer Attraktivität entscheidend zu verbessern.

"Die Lösung der Verkehrs- und Umweltprobleme und die Verbesserung der Mobilität der Bürgerinnen und Bürger ist dabei das vorrangige Ziel. Damit verbunden ist eine erhebliche Steigerung der Lebensqualität in Nordbayern und den nördlichen Nachbarländern," betont Bernd Sluka, neu gewählter Landesvorsitzender des VCD. Außerdem erwartet er ein besseres Zusammenwachsen der benachbarten Regionen und eine Stärkung der wirtschaftlichen Entwicklung.

Aus Sicht des VCD ist die geplante Bahn-Neubaustrecke (NBS) von Nürnberg nach Erfurt nicht die geeignete Lösung – auch angesichts der gigantischen Summen, die dieses Projekt kosten soll. "Nach unserer Überzeugung darf nicht nur die möglichst schnelle Verbindung zwischen wenigen großen Städten im Mittelpunkt des Interesses stehen, wie sie durch geplante Neubaustrecke von Nürnberg nach Erfurt vorgesehen ist," so der Bahnexperte und stellvertretende Vorsitzende des VCD Bayern, Matthias Striebich. Bedeutende Regionen wie die Industrieregion Gera/Zwickau/Chemnitz, aber auch wichtige Städte wie Regensburg, Hof, Jena, Saalfeld dürfen nicht einfach "links liegen gelassen" werden.

Der VCD fordert statt dessen die Umlenkung der für den Bau der Neubaustrecke vorgesehenen Mittel zur Realisierung der folgenden Projekte (Details im Anhang):

  • Die sofortige Einführung eines Fernverkehrs im Stundentakt auf den Strecken Nürnberg-Berlin, München-Leipzig/Dresden und Kassel-Dresden,
  • die Beschleunigung des Bahnverkehrs und den Ausbau der bestehenden Strecke von Nürnberg nach Berlin über Bamberg, Saalfeld, Jena und Leipzig,
  • Beschleunigung und Ausbau weiterer bestehender Strecken wie zum Beispiel der Strecke von München nach Leipzig/Dresden über Regensburg und Hof und der sogenannten "Mitte-Deutschland-Bahn" von Kassel nach Dresden,
  • Ein dichtes Netz von Strecken zwischen Bayern und Thüringen (Lückenschlüsse) sowie eine Modernisierung von Zweigstrecken und eine Reaktivierung von stillgelegten Zweigstrecken. Damit wird das Zusammenwachsen der benachbarten Regionen gefördert und mehr Regionen angebunden.

"Die entscheidenden Vorteile der geforderten Umschichtung sind: Es profitieren wesentlich mehr Regionen und mehr Menschen davon. Die Bahn wird auf sehr breiter Basis attraktiver und nicht nur auf einzelnen, wenigen Verbindungen," so Striebich. Auch die Verbindungen zwischen München, Nürnberg, Erfurt, Leipzig und Berlin werden durch die geforderten Beschleunigungsmaßnahmen erheblich schneller und damit verbessert.

Ein weiterer Vorteil ist aus Sicht des VCD, daß die hier vorgeschlagenen Maßnahmen schnell und stufenweise realisiert werden können. Sie verbessern daher sehr viel kurzfristiger die Situation von Menschen und Wirtschaft. Dagegen kann die Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt nach dem sich abzeichnenden Tempo erst spät im zweiten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts fertiggestellt werden.

Auch für Städte wie Bamberg und Coburg, die an der geplanten Neubaustrecke liegen, hätte die Alternativlösung Vorteile: Sie erhalten dadurch eine regelmäßigen Fernverkehrsanschluß. Durch den Bau der Neubaustrecke würden sie bestenfalls einige wenige ICE-Halte zu den Tagesrandlagen bekommen, weil die Neubaustrecke alleine auf die schnellst mögliche Verbindung zwischen den Großstädten abzielt.

Auch die Beschäftigungswirkung ist aus Sicht des VCD ein Argument für die Alternativlösung und gegen die Neubaustrecke: Dringend notwendige Arbeitsplätze in den betroffenen Regionen entstehen, da die hier vorgeschlagenen Maßnahmen auch eine Ausweitung des Betriebs und eine Vielzahl von kleinen bzw. mittleren Einzelmaßnahmen beinhalten, deren Beschäftigungswirkung größer ist als die von Großprojekten. Dagegen wird die Neubaustrecken hauptsächlich mit Großmaschinen realisiert.

"Beim 1998 beschlossenen Baustopp wurde die Neubaustrecke durch Nichts ersetzt – dies war ein Fehler! Würden dagegen die vorgesehenen Mittel in die oben genannten Maßnahmen erfolgt, ergeben sich keine Nachteile," betont Striebich. Aus Sicht des VCD ist das Gegenteil der Fall: Es würden viel mehr Regionen profitieren, die Vorteile schneller zum Tragen kommen und mehr Arbeitsplätze geschaffen.

Anhang:

Die geforderten Projekte als Alternative zur Neubaustrecke Nürnberg – Erfurt

  1. Sofortige Einführung eines Fernverkehrs im Stundentakt auf den Strecken
    • Nürnberg-Berlin über Bamberg, Saalfeld, Jena und Leipzig,
    • München-Leipzig/Dresden über Regensburg und Hof,
    • sowie auf der sogenannten "Mitte-Deutschland-Bahn" Ruhrgebiet-Dresden über Kassel, Eisenach, Gotha, Erfurt, Weimar, Jena, Gera, Zwickau, Chemnitz und Dresden.
    Es ist nicht nachvollziehbar, daß einerseits auf der Relation Nürnberg-Berlin mit über vier Milliarden Euro eine Hochgeschwindigkeitsstrecke gebaut werden soll, aber andererseits immer noch kein Stundentakt auf der bestehenden Verbindung angeboten wird.
  2. Beschleunigung und Ausbau der Strecke Nürnberg-Berlin über Bamberg, Saalfeld, Jena und Leipzig. Der Ausbau soll so realisiert werden, daß eine attraktive Reisezeit erreicht wird und die Reisezeit zwischen den Knoten im Sinne eines Integralen Taktfahrplan optimiert wird. Mit den immensen Summen, die für die NBS Nürnberg-Erfurt vorgesehen sind, können hier nach Bedarf auch relativ aufwendige Maßnahmen wie Streckenbegradigungen und einzelne Tunnelabschnitte realisiert werden.
  3. Beschleunigung, Ausbau und Elektrifizierung der Strecke München-Leipzig/Dresden über Regensburg und Hof. Auch hier ist eine attraktive Reisezeit und eine Optimierung der Fahrzeiten im Sinne eines Integralen Taktfahrplans durch entsprechende Ausbaumaßnahmen zu erreichen.
  4. Beschleunigung, Ausbau und Elektrifizierung der sogenannten "Mitte-Deutschland-Bahn" vom Ruhrgebiet über Kassel, Eisenach, Gotha, Erfurt, Weimar, Jena, Gera, Zwickau und Chemnitz nach Dresden. Diese Strecke verbindet eine Reihe der wichtigsten Ballungsräume Deutschlands miteinander. Der Ausbau ist seit Jahren beschlossen, scheitert aber immer wieder an fehlenden Mitteln, die leicht verfügbar wären, wenn auf immens teuere Prestigeprojekte wie die NBS Nürnberg-Erfurt verzichtet würde.
  5. Beschleunigung und Ausbau der Strecke Würzburg-Erfurt über Schweinfurt und Suhl. Hier ist ebenfalls eine attraktive Reisezeit und eine Optimierung der Fahrzeiten im Sinne eines Integralen Taktfahrplans durch entsprechende Ausbaumaßnahmen zu erreichen.
  6. Programm zur Schließung von Lücken im Bahnnetz zwischen Bayern und Thüringen für ein Zusammenwachsen der benachbarten Regionen. Dazu gehören zum Beispiel die Strecken (Coburg)-Bad Rodach-Hildburghausen, Coburg-Eisfeld, Stockheim (Oberfr.)-Sonneberg, (Hof)-Marxgrün-Blankenstein-(Saalfeld).
  7. Programm zur Modernisierung bestehender Zweigstrecken und zur Reaktivierung stillgelegter Zweigstrecken entlang der oben genannten Hauptstrecken sowie zur mittelfristigen Realisierung von Regionalstadtbahnkonzepten für Städte/Regionen wie Erlangen, Bamberg, Coburg, Bayreuth, Hof, usw. Damit kann der Effekt der attraktiven Fernverkehrsverbindungen erheblich verstärkt werden, weil noch mehr Regionen davon profitieren.

Rückfragen bitte an das Landesbüro des VCD Bayern

 

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