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Zum neuen Bundesverkehrswegeplan - Realitätssinn, Ausgewogenheit und mehr Umweltverträglichkeit, aber noch kein Grund zum Jubel

Positionspapier der bayerischen Grünen

Ende März wurde der Referentenentwurf aus dem Bundesverkehrsministerium zum Bundesverkehrswegeplan (BVWP) vorgestellt. Der neue BVWP umfasst den Planungszeitraum 2001 bis 2015 und hat ein Finanzvolumen in Höhe von knapp 150 Milliarden Euro. Der BVWP ist als Investitionsrahmenplan für Bundesautobahnen und -straßen, Schienen- und Wasserstraßenprojekte Grundlage für die jeweiligen Ausbaugesetze. Im BVWP wird unterschieden zwischen Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs (VB) und solchen des Weiteren Bedarfs (WB). Eine verbindliche Finanzmittelzuweisung erfolgt nicht mit dem BVWP, sondern erst mit dem jährlichen Straßenbauplan, der Anlage des jeweiligen Haushaltsgesetzes ist. Neben regulären Haushaltsmitteln lassen sich zur Finanzierung auch andere Mittel wie Gelder aus dem Anti-Stau-Programm, ZIP-Mittel (Zukunftsinvestitionsprogramm) oder Gelder aus der Planungsreserve heranziehen. Es kann durchaus passieren, dass manche im VB des BVWP aufgelistete Maßnahmen jahrzehntelang vor sich hinschlummern, während Maßnahmen im WB ganz plötzlich realisiert werden.

Der jetzige BVWP ist unserer Meinung nach besser, weil ehrlicher, ausgewogener und umweltverträglicher als der bisherige BVWP aus dem Jahr 1992, auf der anderen Seite aber für uns auch kein Grund zu jubeln. So sind weiterhin zahlreiche von uns abgelehnte Straßenbauprojekte, aber auch die sündteure, ökologisch höchst bedenkliche Bahnhochgeschwindigkeitsstrecke Nürnberg - Erfurt durch Gottesgarten und Thüringer Wald im vordringlichen Bedarf enthalten. Nach einer nochmaligen Abstimmung mit den Landesregierungen ist der BVWP am 2. Juli im Bundeskabinett verabschiedet worden. Staatsregierung und CSU nutzten die Zeit zwischen Vorstellung des Entwurfs und dem Kabinettsbeschluss, um über Rot-Grün herzufallen ("Bayern massiv benachteiligt", "viel zu wenig für die Straße"). Sie brachten einen nicht-finanzierbaren Wunschkatalog und zogen damit unter anderem in regionalen "Bedarfsplan-Konferenzen" übers Land.

Mehr Umweltverträglichkeit und mehr Haushaltsehrlichkeit

Der neue Bundesverkehrswegeplan wird sich in einem entscheidenden Punkt ganz wesentlich von seinen Vorgängern unterscheiden: Endlich soll es Haushaltsehrlichkeit und Realismus geben. Das heißt, im BVWP sind nur mehr Projekte in einer Größenordnung enthalten, wie sie im Planungszeitraum auch finanzierbar sind. Der letzte Bundesverkehrswegeplan von 1992 war ja bekanntermaßen in einer Höhe von etwa 90 Milliarden Mark unterfinanziert.

Wesentliche Verbesserungen in der Bundesverkehrswegeplanung sind in unseren Augen auch die Erhöhung des vorgegebenen Nutzen-Kosten-Faktors für Straßenbauprojekte auf vier sowie die neuerdings erforderliche vertiefende Umweltverträglichkeitsprüfung. Weitere Vorteile gegenüber früher sind, dass jetzt etwa ebenso viele Gelder in den Bestand wie in Neubauten fließen sollen und dass sich die Schere bei den Finanzansätzen für Schiene und Straße zunehmend schließt. Behauptungen, es seien im neuen BVWP gleichviel Mittel für Schiene und Straße vorgesehen, sind nicht korrekt. Auf ungefähr die gleichen Beträge kommt man erst, wenn der Schiene mit den GVFG-Bundesmitteln und mit dem Anteil der Regionalisierungsmittel, der erfahrungsgemäß für investive Maßnahmen im Schienenverkehr ausgegeben wird, weitere 15 Milliarden Euro zugerechnet werden.

Was einzelne Straßenbauprojekte betrifft, so freut uns besonders, dass beispielsweise die "Fichtelgebirgsautobahn" nicht als vordringlich eingestuft wird und dass für die A 94 zwischen Forstinning und Ampfing die Südtrasse über Haag als Alternative zur Nordtrasse über Dorfen, die das Isental zerstören würde, geprüft werden muss.

Bockbeinigkeit und Straßenbaufundamentalismus von Staatsregierung und CSU Die geringfügig geminderte Quote des Freistaates am Fernstraßenansatz im BVWP (von 14 % auf 13,7 %, 171 Straßenprojekte für ca. 6,5 Milliarden Euro im VB) nimmt Innenminister Beckstein zum Anlass zu behaupten, der Bund versuche "dem Wachstumsmotor in Deutschland den Hahn abzudrehen". Der Bund hat mit Sicherheit nicht die Aufgabe, in das Land, das wirtschaftlich noch relativ gut dasteht, überproportional viele Mittel für Infrastruktur zu geben. Zudem ist unstrittig, dass es großen Nachholbedarf in den neuen Bundesländern gibt. Auch die CSU-Forderung nach Ausrichtung der Quote nach "verkehrsrelevanten Strukturdaten" ist in unseren Augen weder plausibel noch gerechtfertigt. Motorisierungsgrad und Pkw-Dichte sind in Bayern auch deshalb besonders hoch, weil es eine relativ gute Straßen-Infrastruktur gibt. Und überproportional viel Personenverkehr auf bayerischen Straßen liegt eben nicht nur durchwegs am Transitverkehr. Häufig stößt man doch gerade bei Verkehrszählungen auf überraschend hohe Anteile von Ziel-/Quellverkehr. Mit ihren Klagen über Defizite bei Bundesverkehrswegen in Bayern liegen CSU und Staatsregierung völlig daneben. Denn sie waren und sind es doch, die immer wieder milliardenschwere Prestigeprojekte fordern und vorantreiben (z.B. die Bahnhochgeschwindigkeitsstrecken München - Ingolstadt - Nürnberg oder jetzt Nürnberg - Erfurt oder der A 99-Südring). Ebenfalls Hunderte von Millionen an Steuergeldern könnten aber auch bei "kleineren Projekten" gespart werden. Denn auch bei Ortsumfahrungen von Staats- oder Bundesstraßen oder bei Einschleifungen/Querungen des untergeordneten Straßennetzes in diese Straßen drücken Staatsregierung, CSU und Straßenbauverwaltung viel zu oft die aufwändigsten und meist auch umweltbelastendsten Lösungen durch.

Anstatt jetzt Einsparvorschläge oder zumindest vernünftige Prioritätenlisten zu liefern, tingeln Staatsregierung und CSU im Wahlkampf mit einem völlig überzogenen Forderungskatalog (bisher knapp 90 weitere Straßenbauprojekte für gut weitere zwei Milliarden Euro für den VB) über das Land. In Staatsregierung und in der CSU übt man sich also weiterhin im Straßenbaufundamentalismus und träumt von Betonorgien.

Zur Kabinettsvorlage für den 2. Juli

Mittlerweile liegt der vom Bundeskabinett am 2. Juli beschlossene Bundesverkehrswegeplan vor. Die Änderungen sind aus unserer Warte teils positiv, teils aber auch sehr ärgerlich. So können wir uns beispielsweise darüber freuen, dass der dreigleisige Ausbau der Bahnstrecke zwischen Neu-Ulm und Neuoffingen und der viergleisige Ausbau zwischen München Ost und Markt Schwaben auf der Strecke von München nach Freilassing neu in den VB aufgenommen wurden. Der A 99-Südring findet sich jetzt im BVWP-Entwurf immerhin nur mehr im WB als Projekt "mit festgestelltem hohem ökologischen Risiko". Auf der anderen Seite sind mittlerweile etwa 25 weitere Straßenbauvorhaben mit einem Kostenvolumen in Höhe von ca. 450 Millionen Euro in den VB geschoben worden. Mehrere Straßenbauprojekte haben aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen ihr Charakteristikum als Projekte "mit besonderem naturschutzfachlichen Planungsauftrag" verloren. Vor dem Hintergrund des Geschreis und der Begehrlichkeiten von Staatsregierung und CSU gilt es hier für uns Grüne wachsam zu sein, gilt es, weitere unerwünschte Änderungen möglichst abzuwehren.

Dr. Martin Runge, wirtschafts- und verkehrspolitischer Sprecher sowie Sprecher des Arbeitskreises Ökologie der grünen Landtagsfraktion

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